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Lernverhalten von Pferden

Aus Pferdewiki

Das Lernverhalten von Pferden kann in ganz unterschiedlicher Weise gefördert werden. Wie bei allen anderen Tieren (den Menschen miteingerechnet) gilt auch bei Pferden, dass sie nicht „nicht-lernen“, dass sie sich nicht „nicht-verhalten“ und dass sie nicht „nicht-kommunizieren“. Lernen, sich verhalten und Kommunizieren sind Prozesse, die durch die Reaktionen auf Reize ausgelöst werden. Nur wer sich dieser Tatsachen bewusst ist und sie berücksichtigt, kann Training und Umgang pferdegerecht und effizient aufbauen.

Einführung

Lernen sichert Überleben

Ohne die Fähigkeit zu lernen wäre ein Pferd nicht im Stande zu überleben. Es ist ein Prozess, den ein Pferd sein ganzes Leben vollzieht. Ein Pferd erfährt permanent die unterschiedlichsten Reize bzw. Signale, welche über die Sinnesorgane aufgenommen werden und welche das Gehirn dann verarbeitet. Im Gehirn wird dann über die entsprechende Reaktion entschieden.

Lernen dient der Optimierung des eigenen Zustandes

Pferde lernen sehr schnell, nicht um jemandem zu gefallen, sondern um sich selbst das Leben leichter zu machen; es dient der Optimierung des eigenen Zustands. So kann auch mit dem Vorurteil aufgeräumt werden, ein Pferd tue dieses oder jenes mit Absicht, um einen zu ärgern. Das sind rein menschliche Vorstellungen, denn welchen Sinn würde es für das Pferd machen, Sie zu ärgern? Hierbei würde es nur lebenswichtige Energie verschwenden, was keinesfalls eine Optimierung seines Verhaltens wäre. Ein Verhalten nicht oder falsch auszuführen, hat immer einen Grund. Vielleicht hat es nicht verstanden, was es tun soll? Vielleicht fehlte ihm die Motivation dazu. Ihr Pferd bleibt in der Mitte der Halle stehen, obwohl das Training noch gar nicht beendet ist? Auch das tut es gewiss nicht, um sie zu ärgern. Ihr Pferd assoziiert vermutlich die Hallenmitte mit der Beendigung des Trainings und verantwortlich dafür sind einzig und allein Sie. Nachdem Sie in der letzten Stunde bereits das 3. Mal in Folge das Training hier beendet haben, hat sich bei ihrem Pferd ein neues Verhaltensmuster gebildet. Es hat die Hallenmitte mit dem Ende der Stunde verknüpft. Nicht umsonst heißt es, das Pferd sei ein Gewohnheitstier.

Einsicht

Wie die meisten anderen Lebewesen und auch wir Menschen lernen die Pferde durch konzentrierte Beschäftigung mit dem Lernstoff, durch Übung und konsequentes Wiederholen des Gelernten. Im Gegensatz zu uns Menschen und einigen wenigen anderen höher entwickelten Lebewesen, spielt Einsicht für das Lernverhalten von Pferden eine geringe Rolle (wobei sie, individuell unterschiedlich, bei einem Pferd mehr beim anderen weniger relevant ist), sein Handeln wird überwiegend durch Gewöhnung und Konditionierung bestimmt.

Gewöhnung

Gewöhnung ist eine der am häufigsten angewendeten und darüber hinaus auch eine der einfachsten Lerntheorien. Hierbei wird das Pferd wiederholt mit denselben Reizen - gefolgt weder von positiven noch negativen Folgen - konfrontiert. Daraus resultiert, dass die Reaktionsstärke des Pferdes abnimmt.

Eine weit verbreitete Trainingsart, die sich auf Gewöhnung zurückführen lässt, ist das Prinzip von Annäherung und Rückzug, die sich sehr leicht am Beispiel einer Plastiktüte erklären lässt. Die meisten Pferde zeigen bei der ersten Konfrontation mit einer Plastiktüte Angst oder Misstrauen. Wollen wir das Pferd an diese Gewöhnen, führen wir die Plastiktüte gerade so nah ans Pferd, dass es nicht zum Flüchten veranlasst wird. Trotz des ausreichenden Abstandes der Tüte, wird das Pferd diese nicht über einen längeren Zeitraum dort tolerieren. Darum und um dem Pferd klarzumachen, das es sich nicht um einen dauerhaften Reiz handelt, wenden wir Annäherung und Rückzug an. Wir schwenken die Plastiktüte in Richtung Pferd und entfernen diese wieder, solange, bis das Pferd diese toleriert. Die Gewöhnung setzt ein und die Reaktion, die das Pferd auf die Plastiktüte zeigt, schwächt ab. Nun können wir die Anforderung steigern und zum Beispiel die Entfernung verringern und später sogar, die Plastiktüte am oder über das Pferd schwingen. Die Gewöhnung an diesen oder einen beliebigen anderen Reiz führt dazu, dass die Reizschwelle des Pferdes heraufgesetzt wird und so eine allmähliche Abschwächung der Reaktion eintritt.

Gewöhnung kann jedoch auch einen negativen Einfluss auf die Pferdeausbildung haben. Wenn wir das Pferd zu sehr mit Reizen überfluten und eigentlich keine wirkliche Reaktion darauf fordern oder der Reiz zu schwach ist, um eine Reaktion hervorzurufen, kann Gewöhnung zu Abstumpfung führen. Dies ist oft bei Schulpferden der Fall, die nur noch schwach oder schlimmstenfalls gar nicht auf die Reiterhilfen reagieren, so dass man erst massiv physischen Druck (Gerte oder „Bolzen“) einsetzen muss, um eine Reaktion seitens des Pferdes zu bekommen. Das lässt sich am ehesten dadurch vermeiden, in dem wir das Pferd nicht permanent mit Reizen konfrontieren, sondern nur dann, wenn wir auch eine Reaktion auf diese erwarten. Darüber hinaus muss der Reiz kurz, präzise und so ausreichend stark sein, dass er auch zu einer Reaktion des Pferdes führt. In vielen anderen Reitweisen ist es bereits gang und gäbe dem Pferd nur dann eine Hilfe zu geben, wenn eine neue Lektion gefordert wird und ansonsten passiv zu bleiben. Das setzt voraus, das das Pferd gelernt hat, sich auch dann aktiv zu beteiligen, wenn der Reiter sich in Passivität übt. Nimmt man es genau, setzt auch das weit verbreitete System der FN dieses voraus. Es mangelt jedoch an der Umsetzung und aus einem „am Bein“ wird schnell ein klopfender Schenkel, der bald jeden Schritt aus dem Pferd heraus treiben muss und als logische Konsequenz eine allmähliche Abstumpfung des Pferdes zur Folge hat.

Bei der Gewöhnung ist es besonders wichtig auf erste Anzeichen physischer oder psychischer Erschöpfung zu achten, da diese nicht nur den Lehrerfolg vermindern, sondern unter Umständen auch weitreichende psychische Folgen für das Pferd haben. Legt man einem jungen Pferd zum Beispiel das erste Mal einen Sattel auf und lässt es dann so lange Bocken, bis es diesen toleriert, ist dies nicht selten auf körperliche Ermüdung statt auf Gewöhnung zurückzuführen. So erreicht man allenfalls Misstrauen seitens des Pferdes, aber keinesfalls tritt so eine Gewöhnung ein. Im glimpflichsten Fall einer solchen menschlichen Fehleinschätzung, hat man im Verlauf der Ausbildung mit dem „angekratzten“ Urvertrauen zu kämpfen, welches es dem Pferd ermöglicht, unvoreingenommen an neue Erfahrungen heranzugehen.

Neben der eigenen Erfahrung des Pferdes, spielt auch die Reaktion anderer Pferde bzw. Herdenmitglieder eine große Rolle. Setzt sich der Großteil der Herde in Bewegung, um vor einer vergleichbar harmlosen Gefahrenquelle wie einer Plastikplane zu flüchten, wird auch das Pferd, welches bereits an eine Plastikplane gewöhnt wurde, sich von der Herde mitreißen lassen. Hier überwiegt der Instinkt und die Kopplung des Verhaltens an den Herdentrieb.

Umgekehrt kann man sich das Verhalten anderer Pferde auch positiv in Bezug auf das Lernverhalten zunutze machen. Hat ein Pferd beispielsweise Angst, einen Wasserlauf zu durchqueren, reicht es oft, erfahrene Pferde vorangehen zu lassen, sodass das Pferd das eigene Misstrauen überwindet und sich weitestgehend auf die Erfahrung der übrigen Pferde verlässt und folgt. Auch die beruhigende Wirkung anderer Pferde, findet großen Anklang. So wird Pferden, die im Hänger zu Angstreaktionen neigen, oft ein „verladefrommes“ Pferd zur Seite gestellt, das eine äußerst beruhigende Wirkung hat und darüber hinaus ermöglicht, dass es sich an das Hängerfahren gewöhnen kann. Wer jedoch denkt, dass es reicht, das Pferd einmalig an neue Reize zu gewöhnen, denkt allerdings falsch. Gewöhnung gilt allgemein als reversibel, das heißt, dass das vorhandene „Wissen“ regelmäßig aufgefrischt werden muss oder aber eine einzige negative Erfahrung, die ursprüngliche Reaktion des Pferdes wieder hervorrufen und das angelernte Verhalten dadurch gelöscht werden kann.

Trotzdem kann oftmals der Eindruck entstehen, das Pferd sei sich seines Tuns bewusst. Vor allem auch die ewige Diskussion, es tue dieses oder jenes mit Absicht, bestätigt so manchen in dieser Annahme. Richtig ist jedoch, dass die Reaktion des Pferdes kein reflektiertes, sprich bewusstes, Verhalten ist, sondern das es durch vorangegangene Erkenntnis gelernt hat, wie es sich bei bestimmten Reizen verhält. Es ist das gleiche Verhalten, was wir auch im Training erkennen, nur das wir es dem Pferd nicht bewusst beigebracht haben, sondern es im Laufe seines Lebens selbst zu der Erkenntnis kam.

Natürlich gibt es auch bei Pferden verschiedene Theorien und Methoden, wie ein Pferd lernt oder wie wir es am besten schulen. Wenn wir uns dieser auch im Training des Pferdes bewusst sind, können wir dem Pferd ein weitestgehend stressfreies Lernen ermöglichen.

Klassische Konditionierung bei Pferden

Iwan Petrowitsch Pawlow führte mit seinen Studien zur Erforschung bedingter Reflexe die wohl bedeutendsten Experimente zur klassischen Konditionierung durch. Unbedingte Reflexe sind fest im Zentralnervensystem verankerte Schaltungen, die nicht unmittelbar willentlich beeinflussbar sind, wie zum Beispiel der Lidschluss, wenn etwas auf das Auge zuschnellt, während bedingte Reflexe zuvor erlernt wurden. Bei der klassischen Konditionierung wird nun in den Auslösemechanismus eines unbedingten Reizes, der in unserem Beispiel zur Schließung des Augenlides führt, ein neuer, bedingter Reiz, aufgenommen. Auf diese Weise wird ein neues Signal mit einer bereits vertrauten Aktion bzw. Reaktion verknüpft, welches nach der Konditionierung selbst zum Auslösen der Reaktion führt. Klassische Konditionierung findet zum Beispiel im Stall statt, wenn es an die all morgendliche Fütterung geht. Hier wird das Geräusch des Futterwagens zum Signal für die Fütterung. Nach einiger Zeit reicht so schon dieses Geräusch aus, damit die Magensaftproduktion des Pferdes einsetzt. Dies ist allerdings nicht nur Abhängig vom Signal, sondern auch von Situation und Umgebung, so wird die Magensaftproduktion nur dann einsetzen, wenn alle Faktoren aufeinander treffen, nicht jedoch wenn das Pferd während der Arbeit in der Halle das Geräusch erkennt.

Operante Konditionierung bei Pferden

Die operante oder auch instrumentelle Konditionierung ist der klassischen recht ähnlich. Der operanten Konditionierung liegen Versuche durch Edward Thorndike und Burrhus Frederic Skinner zugrunde. Instrumentell deshalb, weil das Verhalten das Instrument oder Mittel ist, das die entsprechende Konsequenz hervorruft. Ein Verhalten wird durch die darauf folgende, immer gleich bleibende Konsequenz geformt; je nach Verstärkungsform wird das Verhalten dann entweder häufiger gezeigt, weniger gezeigt oder sogar gelöscht (nicht mehr gezeigt). Deshalb nennt man diese Art von Lernen auch „Versuch und Irrtum“ (Trial and Error) oder „Lernen am Erfolg“. Man entscheidet hier zwischen vier verschiedenen Reaktionsmustern auf ein Verhalten:

Positive Verstärkung

„Eine positive Bestärkung ist all das, was in Verbindung mit einer Handlung dazu beiträgt, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass eine solche Handlung wiederholt wird. (Karen Pryor)“ Hierbei erfolgt unmittelbar auf das Verhalten eine positive, für das Pferd angenehme Reaktion, wie zum Beispiel die Gabe von Futter. Bestärken wir das Pferd regelmäßig beispielsweise mit Futter, nachdem es den Kopf gesenkt hat, wird es den Kopf immer wieder senken, um die Belohnung zu erhalten. Je höher der Anreiz und die Intensität des Lobes, desto größer die Motivation und desto zuverlässiger und häufiger wird das Verhalten vom Pferd gezeigt. Diese Form der Verstärkung ist die mächtigste, da das Lernen nicht von unangenehmen Reizen (Stress, Aggression, Druck) beeinflusst wird und das Pferd das gewünschte Verhalten von sich aus anbietet. Außerdem ist das Pferd im Gegensatz zur klassischen Konditionierung selbst der Ausführende und kann die Konsequenz seines Handelns selbst beeinflussen. Es ist nicht mehr nur Ausführender der von uns vorgegebenen Übungen sondern kann sich aktiv am Geschehen beteiligen, was in sich ebenfalls eine bestärkende Wirkung hat (und sich zudem äußerst positiv auf die Pferdepsyche auswirkt).

Negative Verstärkung

Die negative Verstärkung ist im Prinzip das Gegenstück zur positiven Bestärkung, etwas, was das Pferd zu vermeiden versucht. Bei der negativen Verstärkung kann ein Verhalten, was grade geschieht, positiv beeinflusst werden. Ein aversiver (negativer) Reiz verschwindet, sobald das Verhalten positiv verändert wurde. Man kann einem Pferd das Kopfsenken beibringen, indem man wartet, bis es freiwillig den Kopf senkt und das dann verstärkt, oder man „drückt“ solange im Genick nach unten, bis das Pferd den Kopf senkt, um dem Druck zu entgehen. Sobald es den Kopf senkt, verschwindet der aversive Reiz, also der Druck im Genick, und bestärkt das Pferd so. Es hat gelernt, dass es besser ist, den Kopf zu senken um so dem Druck zu entgehen. Zwar wird das Pferd mit einer negativen Verstärkung ebenfalls lernen, das Verhalten schneller und zuverlässiger zu ändern, die eigentliche Motivation, das Verhalten gerne zu ändern, der Anreiz, dass es sich lohnt, ist jedoch im Gegensatz zur positiven in geringerem Maße vorhanden.

Positive Strafe

Wenn wir von Strafe reden, dann meinen wir meistens die positive Strafe; das Hinzufügen eines unangenehmen Reizes. Sie ist immer noch die am häufigsten angewendete Möglichkeit, um ein Verhalten zu löschen, also es abzugewöhnen, und das, obwohl sie gerade hierbei in den meisten Fällen recht ineffektiv ist. Man sagt, damit eine Strafe (genauso wie Lob) effektiv ist, muss sie bis spätestens drei Sekunden nach dem unerwünschten Verhalten kommen, danach ist sie wirkungslos. Da Strafe erst geschieht, nachdem ein Verhalten bereits abgeschlossen ist, kann sie dieses nicht mehr beeinflussen sondern allenfalls dessen Wiederholungen. Oftmals wird ein Verhalten nur vorübergehend abgeschwächt oder unterdrückt, in den meisten Fällen lernt das Pferd jedoch, noch geschickter zu sein, um der Strafe zu entgehen. Schnappt ein Pferd zum Beispiel und wir bestrafen es dafür, wird es das nächste Mal besser aufpassen, um der Strafe zu entgehen. Folglich wird es warten, bis wir ihm den Rücken zukehren (und damit außer „Reichweite“ sind zum Strafen) und uns dann erneut zwicken. Strafen wir dann, ist es meist schon zu spät. Erreichen wir das Pferd noch rechtzeitig mit unserer Strafe, wird es das nächste Mal während unserer Abwesenheit vielleicht jemanden anderes zwicken, der dann so überrascht ist, das er ebenfalls nicht rechtzeitig straft, dem Pferd aber womöglich erhöhte Aufmerksamkeit (= Sozialkontakt) zukommen lässt. Sozialkontakt ist ein primärer (angeborener, also nicht erlernter) Bestärker und somit wird das Pferd für seine Tat auch noch belohnt. Als Konsequenz daraus wird es wieder zwicken. Strafe ist also nur dann effektiv, wenn sie möglichst unmittelbar nach jedem Auftreten des Verhaltens erfolgt – aber wer kann schon 24 Stunden am Tag bei seinem Pferd sein. Darüber hinaus erhält das Pferd bei Bestrafung immer nur eine halbe Information, nämlich, dass sein Verhalten falsch war, nicht jedoch, welches das richtige Verhalten gewesen wäre. Deshalb ist es stets vorteilhafter, eine richtige Reaktion des Pferdes positiv zu bestärken (zu belohnen), statt darauf zu warten, eine falsche Reaktion zu bestrafen. Durch permanente Strafe ohne Aufzeigen von Lösungswegen werden Pferde schnell verunsichert. Ebenso verunsichert sie gegen sie gerichtete Aggression (und Strafe stellt in der Tat eine Aggression dar), die sie nicht verstehen, wenn zum Beispiel ein Verhalten bestraft wird, was sonst bestärkt wurde oder das für das Pferd nicht als falsch eingestuft werden kann (so zum Beispiel auch Buckeln oder Steigen als Reaktion auf Schmerzen). Hier reagiert das Pferd mit Stress, und die Ausschüttung von Stresshormonen hemmt die Lernvorgänge im Gehirn, weshalb Stress in einer Lernsituation unbedingt vermieden werden sollte. Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Problem von Strafe ist die so genannte „erlernte Hilflosigkeit“. Ein Pferd welches ausschließlich durch Strafe ausgebildet wurde, wird irgendwann kaum noch in der Lage sein, Neues zu lernen. Ihm wurde die Motivation und die Neugierde genommen, Neues auszuprobieren, sodass es vorsichtshalber nur noch Verhaltensmuster zeigt, bei denen es sicher ist, dass keine Strafe erfolgt.

Negative Strafe oder Auslöschung

Negative Strafe bedeutet, das etwas für das Pferd Angenehmes entzogen wird oder ausbleibt. Auf ein Verhalten erfolgt weder ein positiver, noch ein negativer Reiz; das Verhalten wird ignoriert. Hiermit lassen sich auch bereits erlernte Verhalten wieder löschen. Bleibt der positive Reiz, also die Motivation, ein Verhalten zu zeigen aus, wird das Verhalten zunächst zwar noch wiederholt gezeigt, dann aber sinkt die Motivation und das Verhalten bleibt aus – es ist „gelöscht“. Wenn ein Verhalten gelöscht wurde, heißt dies nicht, dass es nie wieder auftritt. Ignorieren, das klassische Beispiel der negativen Strafe, funktioniert gerade bei unbewusstem (also nicht gelerntem) Verhalten nur dann, wenn sie wirklich konsequent erfolgt. Wird das Verhalten durch Einflüsse abermals ausgelöst (das Pferd erschrickt und tritt) und dann von uns zum Beispiel durch Aufmerksamkeit unbewusst bestärkt, tritt es auch wieder auf. Manche Verhalten lassen sich durch diese Methode gar nicht löschen, da sie selbstverstärkend sind. Ein Pferd, welches mangels Sozialkontakt die ganze Zeit über wiehert, wird auch durch Ignorieren nicht aufhören zu wiehern, da das Verhalten an sich selbstverstärkend ist. Ebenso wird ein Pferd, welches den „Überblick“ beim Besteigen eines Podestes liebt, das Besteigen des Podestes nicht unterlassen, da es sich durch das Besteigen selbst belohnt hat. Hier hilft nur die Beseitigung der Ursache: Schaffen Sie die Möglichkeit zum Sozialkontakt, und im anderen Fall schaffen Sie das Podest ab. Eine erfolgreiche Anwendung der negativen Strafe lässt sich jedoch am besten an einem menschlichen Modell erklären. Nehmen wir ein kleines Kind und dessen Eltern. Für gewöhnlich fangen viele Kinder an zu jammern, wenn sie ein Ziel, zum Beispiel ein Eis bekommen, erreichen wollen. Jammern ist ein erlerntes Verhalten, da die meisten Eltern dem Nachgeben zwar eine gewisse Zeit widerstehen können, schließlich aber doch nachgeben und „dem Kind ein Eis kaufen“. Das Verhalten wurde bestärkt und das Kind hat gelernt: „Ich muss nur lange genug jammern, dann bekomme ich, was ich will.“ Theoretisch lässt sich ein solches Verhalten simpel lösen, nämlich durch einfaches Ignorieren. Sicher wissen Sie selbst, wie schwer das in der Realität ist, schließlich werden auch Sie bestärkt, wenn das Kind aufhört zu jammern, weil Sie mal wieder schwach geworden sind. Aber das ist die einzig wirksame Möglichkeit, das Jammern abzustellen, also bleiben Sie standhaft.

Nachahmung

Die Nachahmung ist auch als „Lernen durch Beobachten“ bekannt, was diese Form des Lernens schon recht gut beschreibt. Ein Lebewesen lernt optisch oder akustisch aufgenommene Verhaltensmuster zu kopieren. So lernen zum Beispiel Fohlen das Trinken von Wasser und das Fressen von Gras durch die Nachahmung der Mutterstute und der anderen Pferde und nur bedingt durch ihren Instinkt. Auch in der Pferdeausbildung lässt sich Nachahmung gut einsetzen, vor allem beim Meistern von Situationen, die das Pferd nicht kennt. Lassen Sie zum Beispiel ein erfahrenes Pferd vorangehen, und das junge Tier (Remonte) braucht in der Regel nur aufgefordert zu werden, die „Gefahrenzone“ zu durchqueren.

Prägung

Die Prägung ist als eine Sonderform des Lernens anzusehen. Sie findet immer in einem arttypisch festgelegten Zeitraum statt; beim neugeborenen Fohlen liegt dieser von einer halben Stunde bis zu maximal 2 Tagen. Prägung führt in der Regel zu einer irreversiblen Festlegung des Verhaltens. Prägungen, die bei neugeborenen Fohlen stattfinden, sind Objektprägung, sexuelle Prägung und Futterprägung. Bei der Objektprägung lernt das Fohlen durch äußere Einflüsse sich, seine Mutter und somit die eigene Art kennen. Da ein Fohlen nicht von Geburt weiß, welcher Art es angehört, hätte es fatale Folgen, wenn der Kontakt zum Muttertier gestört wird. Ein Fohlen, welches die erste Zeit seines Lebens ohne Sozialkontakte zu anderen Pferden verbracht hat, wird zeit seines Lebens Probleme mit dem Erkennen von anderen Angehörigen seiner Art haben.

Literatur

  • Dorothee Abdel-Kader: So lernen Pferde. ISBN 3405162688
  • Alfonso Aguilar: Wie Pferde lernen wollen: Bodenarbeit, Erziehung und Reiten. ISBN 3440094847
  • Karen Pryor: Positiv bestärken, sanft erziehen. Die verblüffende Methode nicht nur für Hunde. ISBN 3440076954
  • Linda Weritz: Das Lernverhalten der Pferde. Über den intelligenten Umgang mit Pferden. Cadmos Verlag, 2005, ISBN 3861274205

Siehe auch

Weblinks

Wie Pferde lernen [1] Online Ausgabe Dressur-Studien 2004