Bewegungsmechanik
Aus Pferdewiki
Beim Pferd werden charakteristische Gangarten in der Bewegungsmechanik unterschieden.
Da das Pferd dem Menschen nur in der Bewegung dient, sei es unter dem Sattel, im Geschirr oder als Saumtier, ist das Studium und die genaue Kenntnis der Mechanik seiner Bewegungen wichtig.
Man unterscheidet die folgenden charakteristischen Gangarten:
Grundgangarten
An natürlichen Gangarten des Pferdes unterscheiden wir Schritt, Trab und Galopp. Für jede dieser Gangart gibt es je nach Raumgriff verschieden Gangmaße.
Schritt
Der Schritt ist die langsamste Gangart des Pferdes. Seine Fussfolge ist in vier voneinander getrennten Hufschlägen aufgeteilt. Man hört einen deutlichen Vierertakt. Beginnend mit dem linken Hinterfuss erkennt man nachstehende Fussfolge:
- 1. Linker Hinterfuss
- 2. Linker Vorderfuss
- 3. Rechter Hinterfuss
- 4. Rechter Vorderfuss
Der linke Hinterfuss löst sich vom Boden, wenn der rechte Vorderfuss zur Hälfte vorgeführt ist. Der linke Vorderfuss löst sich vom Boden, wenn der rechte Vorderfuss fusst. Der linke Hinterfuss, wenn der rechte Vorderfuss sich vom Boden löst.
An den Gangmaßen des Schrittes unterscheiden wir den den Mittelschritt, in dem der Hinterfuss eine Huflänge über die Spur des Vorderfusses hinaustritt, den versammelten Schritt, in dem der Hinterfuss eine Huflänge hinter die Spur des Vorderfusses, und den starken Schritt, in dem der Hinterfuss zwei Huflängen über die Spur des Vorderfusses hinaustritt.
Trab
Der Trab ist eine beschleunigte Gangart mit diagonaler Fussfolge. Die beiden diagonalen Beinpaare lösen sich regelmässig vom Boden ab, so dass man zwei Hufschläge hört und jeweils ein Beinpaar sich am Boden befindet, während das andere Paar erhoben ist.
- 1. Linker Hinterfuss und rechter Vorderfuss
- 2. Rechter Hinterfuss und linker Vorderfuss
Tatsächlich findet sich ein zeitlicher Abstand innerhalb der jeweiligen Diagonale, der jedoch so gering ist, dass man ihn vernachlässigen kann.
Unterschieden wird der Arbeitstrab, bei dem der Hinterfuss in der Spur des Vorderfusses tritt, den versammelten Trab, bei dem eine Huflänge hinter die Spur des Vorderfusses tritt, den Mittel-Trab und den starken Trab, bei denen er eine bzw. zwei Huflängen über die Spur des Vorderfusses hinaustritt.
In den beiden letztgenannten Gangmaßen, vor allem im Renntrab, besteht nach dem Fussen jeder Diagonale eine Schwebephase, während der sich alle vier Beine über dem Boden befinden.
Man unterscheidet beim Dressurreiten versammelten Trab, Arbeitstrab, Mitteltrab und starken Trab. Übungen aus der hohen Schule (Reitkunst) sind ein Trab nahezu auf der Stelle, als Piaffe bezeichnet, und ein Trab mit einer verlängerten Schwebephase und akzentuierter gehobenen Beinen als Passage.
Galopp
Der Galopp bezeichnet die schnellste Gangart eines Pferdes. Man unterscheidet Links- und Rechtsgalopp, je nachdem, ob das linke oder rechte seitliche Beinpaar vorgreift.
Im Linksgalopp fusst das Pferd folgendermaßen:
- 1. Rechter Hinterfuss,
- 2. Linker Hinterfuss und rechter Vorderfuss,
- 3. Linker Vorderfuss,
- 4. Schwebephase.
Man hört also drei taktmässige Hufschläge und dann eine Pause. Unterschieden werden im Galopp die gleichen Gangmaße wie zuvor im Trab beschrieben. Bei einem fehlerhaften verkürzten, mit zu wenig Schwung gerittenem Galopp geht die Schwebephase verloren. Man hört dann deutlich vier Takte.
Besondere Gangarten
Die besonderen Gangarten sind nicht bei allen Pferde-Rassen anzutreffen.
Pass
Der im Mittelalter sehr beliebte, weil als bequem vom Reiter empfundene Pass wird fast nur noch von Five-Gaited Saddle Horse in Amerika, dem Renn- "pacer" und einigen Gebirgsrasse-Pferden kultiviert.
Der Pass hat einen Zweiertakt, bei dem jeweils ein seitliches Beinpaar vorgreift, während das andere stützt.
Der Renn-Pass auch als "Fliegender Pass" bekannt, unterscheidet sich vom normalen Pass nur durch die Schrittlänge und eine eiligere Folge der einzelnen Tritte.
Die schnellsten Isländer-Pferde können im Pass eine Geschwindigkeit von 45 km/h entwickeln. Da diese Gangart für das Pferd jedoch sehr anstrengend ist, reitet man sie nur auf kurzen Strecken. Das Reiten im Rennpass sollte auch nur von erfahrenen Reitern oder mit einem Trainer durchgeführt werden.
Tölt
Tölt ist eine Spezialgangart, die für den Reiter besonders angenehm und rückenschonend empfunden wird. Im Gegensatz zu Trab und Galopp hat Tölt jedoch keine Schwebephase, sondern ist eine gelaufene Gangart. Der Reiter sitzt dabei fast erschütterungslos auf einem locker schwingenden Rücken. Tölt hat, abhängig von der Ganglage und Ausbildung des Pferdes, eine hohe Tempovarianz zwischen Schritt- und Galopptempo.
Die Fußfolge im Tölt ist dieselbe wie im Schritt.
Tempo der verschiedenen Gangarten
Gangart: | Arbeitstempo | Versammeltes Tempo | Mitteltempo [1] |
---|---|---|---|
Schritt | 6 km/h | 3,2 km/h | 7,2 km/h |
Trab | 12,3 km/h | 6 km/h | 18 km/h |
Galopp | 17,4 km/h | 12 km/h | 28 km/h |
Trivia
Durch die über längere Zuchträume stattfindende Pferdezucht nach Sportleistung (Rennpferde) in bestimmten Gangarten kommt es jeweils zu einer ganz spezifischen Ausbildung des Gebäudes bei verschiedenen Pferderassen.
Der hohe Widerrist, die lange, schräge Schulter, die kräftige Rückenmuskulatur, die lange schräge Kruppe des Vollblüters resultieren aus der über viele Generationen erfolgten Prüfung im Galopp.
Ebenso bezeichnend ist die Ausbildung des Traberexterieurs. Der im Renntrab starre Rumpf verursacht nach mehreren Generationen eine Degenartion der Rückenmuskulatur und die Ausbildung einer steilen Schulter, eines niedrigen Widerrist.
Aus der Gangart kann man oft auf eine andere schliessen. So hat ein Pferd mit langem Schritt immer auch einen raumgreifenden Galopp.
Quellen
- Reitschule Rancho Bonanza, Cala Ratjada, Spanien
- Pferdethemen A-Z, Autor: Pedro Voramar, Loseblattsammlung, Ausgabe: 2010
Einzelnachweise
- ↑ Eigene Messungen mittels GPS-Datenlogger